14/12/2023 • 7 min gelesen

Gehörlose sind ein wichtiger Teil des Teams (Teil II)

Wie Mikomax eine Kultur der Inklusion schafft

von Alex Przybyla

Wir hatten vor Kurzem die Möglichkeit, Mikomax in Łódź in Polen zu besuchen und uns anzusehen, wie dort die Inklusion von gehörlosen Beschäftigten funktioniert. Mikomax ist das Gründungsunternehmen und die Fertigungsstätte für Hushoffice, einem der neuesten Mitglieder der Haworth-Markenfamilie.

Die Gehörlosengemeinschaft bei Mikomax kommuniziert in polnischer Gebärdensprache (Polski Język Migowy, PJM). (Weitere Informationen zur Gebärdensprache – einschließlich der Frage, ob man sie „spricht“, „gebärdet“ oder „verwendet“ – finden Sie in unseren Gebärdensprache-FAQ.)

Wenn Sie Teil I nicht gelesen haben, können Sie dies hier tun. Wir haben einen Arbeitstag bei Mikomax miterlebt, wo Inklusion ein ganz normaler Bestandteil der täglichen Unternehmenskultur ist. Wir haben gehörlose Beschäftigte am Fließband besucht und uns mit Teammanagern und dem Leiter der Fabrik unterhalten.

Hier in Teil II sprechen wir mit der Leiterin der Personalabteilung und einem Mitglied der Geschäftsführung von Mikomax. Heute wollen wir herausfinden, welche konkreten Schritte Unternehmen ergreifen können, um ein inklusives Umfeld für gehörlose Teammitglieder zu schaffen.

Die Beschäftigten mit eingeschränktem Hörvermögen waren meine ersten Lehrer im Unternehmen.“

Maciej Mikołajczyk, Geschäftsführung von Mikomax

Inklusion beginnt in der Führungsetage

Inklusion ist nur möglich, wenn alle Ebenen eines Unternehmens mitmachen. Maciej Mikołajczyk ist Mitglied der Geschäftsführung bei Mikomax. Seine Verbindung zur Gehörlosengemeinschaft reicht bis zu seinen Anfangstagen im Unternehmen zurück.

„Meine Eltern haben das Unternehmen 1991 gegründet und bereits zwei oder drei Jahre später haben die ersten gehörlosen Beschäftigten bei uns angefangen“, erzählt uns Maciej. „In den Jahren 1993, 1994 und 1995 sind weitere hinzugekommen. Im Moment haben wir 34 schwerhörige Beschäftigte.“

Wir fragen Maciej, was er von Deaf Gain hält, einem Konzept, das Gehörlosigkeit neu definiert, und zwar nicht als „Mangel oder Behinderung“, sondern eher als eine Form kognitiver und sensorischer Diversität“, die einen wichtigen Beitrag zum Wohl der Gesellschaft leistet. Maciej stimmt dem voll und ganz zu. Für ihn liegt der Beweis auf der Hand.

„Für mich waren die Gehörlosen meine ersten Lehrer im Unternehmen“, sagt er. „Ich habe 1999 bei Mikomax angefangen und meine erste Tätigkeit bestand darin, Container zusammenzubauen. Dort habe ich mit Gehörlosen zusammengearbeitet, und sie waren es, die mir gezeigt haben, wie meine Tätigkeit in der Position aussieht.“

Maciej weiß, wie wichtig es ist, Kommunikation zu ermöglichen. Wenn Teams aus Mitgliedern bestehen, die verschiedene Sprachen sprechen, ist es wichtig, die Kommunikation zu vereinfachen. Bei der Kommunikation achtet das Unternehmen gewissenhaft darauf, dass sie für alle zugänglich ist.

„Für Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen müssen wir achtsamer sein, insbesondere im Hinblick auf die Kommunikation“, erzählt uns Maciej. „In unserem Unternehmen gibt es viele Beschäftigte, die in Gebärdensprache kommunizieren. Bei der Erstellung von Kommunikation für Gehörlose verwenden wir auch ein etwas anderes Vokabular, damit es für sie verständlich ist.“

Bei Mikomax geht die Integration der Gehörlosengemeinschaft über die Fabrikmauern oder Showrooms hinaus. Die Inklusionsbemühungen des Unternehmens haben wie selbstverständlich dazu geführt, dass die Beschäftigten zu Botschaftern für andere werden.

„Gehörlose unterstützen Schüler an Berufsschulen für Gehörlose“, sagt Maciej. „Wir organisieren Besuche in der Fabrik für sie. Wir zeigen, wie Gehörlose sich in einem Betrieb wie dem unseren zurechtfinden können. So geben wir ihnen auch eine Idee, in welche Richtung sie ihre Kenntnisse entwickeln können.“

Was bringt die Zukunft? Maciej glaubt, dass die Gehörlosengemeinschaft bei Mikomax weiterhin wachsen wird.

Unser Unternehmen wächst stetig, auch im Hinblick auf die Beschäftigung“, sagt Maciej. „Das gilt auch für die Gehörlosen. Ich denke auch, dass der derzeitige Trend anhalten wird.“  

„Eine Behinderung sollte niemanden ausschließen … Mikomax … ist ein Beispiel dafür, wie wir die Position dieser Menschen in der gesamten Gesellschaft stärken können.“

Paulina Wieczorkiewicz, Leiterin der Personalabteilung

Für den Aufbau inklusiver Gemeinschaften ist Wille und Einsatz erforderlich

Paulina Wieczorkiewicz leitet die Personalabteilung bei Mikomax. Sie erinnert sich gerne an die erste Begegnung mit den gehörlosen Beschäftigten zurück.

„Mein erster Eindruck war sehr positiv“, sagt sie. „Ich habe gesehen, dass die Gehörlosen von Anfang an Teil der Gemeinschaft waren. Ich habe eigentlich wirklich gar keinen Unterschied zwischen Hörenden und Gehörlosen in der Art und Weise festgestellt, wie sie im Team von Mikomax arbeiten.“

Um bewusst ein unterstützendes Umfeld für Gehörlose bei Mikomax aufzubauen, organisiert die Personalabteilung Gebärdensprachkurse für Hörende. Mit den zunehmenden Sprachkenntnissen der Lernenden fallen die Kommunikationsbarrieren – und das wirkt sich spürbar auf das Unternehmen aus.

„Die Teams sind dadurch so viel stärker geworden“, sagt Paulina. „Ihre Beziehungen haben eine neue Bedeutung bekommen.“

Inklusionsbemühungen breiten sich von selbst aus. Wenn man versucht, eine Gruppe einzubeziehen, lernt man, wie man andere einbeziehen kann; wenn man die Kommunikation in einem Beziehungsnetz verbessert, verbessert man auch die Kommunikation in anderen.

„Die Tatsache, dass wir Gehörlose in unserem Team haben, hat uns meiner Meinung nach für alle Arten von Behinderungen sensibilisiert“, sagt uns Paulina. „Ich denke, dass wir als Hushoffice-Team ein Umfeld schaffen, in dem es keine Beispiele für Diskriminierung oder Ausgrenzung gibt. Wir haben keinen Grund, jemanden auszuschließen. Es wäre schön, wenn die ganze Gesellschaft Gehörlose so wahrnehmen würde wie die Mitarbeiter von Mikomax, wo Gehörlose ‚ganz einfach‘ ein Teil von uns sind.“

Mikomax hat die schönen Seiten einer inklusiven Gemeinschaft erlebt. Jetzt hofft das Team, dass sich die Inklusionsbemühungen ausbreiten werden. Paulina und die gesamte Haworth-Familie hoffen, dass Inklusionsgeschichten wie diese die Gesellschaft zum Umdenken bewegen.

„Ich hoffe, dass die Welt erfährt, dass eine Behinderung nichts ist, was ausgrenzt“, sagt Paulina. „Aus sozialer Sicht ist es etwas, das deine Position stärken und deine Stärken ausbauen sollte. Die Leute, die Mikomax und Hushoffice ausmachen, sind ein wirklich talentiertes Team und ein perfektes Beispiel dafür, wie wir die Position von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft stärken können.“

Sehen Sie sich das gesamte Interview hier an – bitte wählen Sie die Untertitel in Ihrer bevorzugten Sprache unten rechts in der Ecke aus.

Erkenntnisse für die Umsetzung von Inklusionsprogrammen

Die Inklusionsbemühungen von Mikomax können anderen Unternehmen, die gehörlose Arbeitnehmer einstellen wollen, als Inspiration – und Startpunkt – dienen. Hier sind einige unserer wichtigsten Erkenntnisse:

1.     Unterstützung durch die Führungsetage. Als Mitglied der Geschäftsleitung von Mikomax setzt sich Maciej voll und ganz für die Inklusion gehörloser Beschäftigter ein.

2.     Engagement auf allen Ebenen. Von der Leiterin der Personalabteilung über den Werksleiter bis hin zu den Produktionsleitern und den einzelnen Fertigungslinien, bei Mikomax engagieren sich alle Beschäftigten dafür, die Arbeitsumgebung inklusiver zu gestalten.

3.     Investitionen in Gebärdensprachunterricht. Mikomax hält, was es verspricht. Alle Beschäftigten, die mit gehörlosen Kollegeninnen und Kollegen zusammenarbeiten, haben die Möglichkeit, Kurse in Gebärdensprache zu besuchen. Das Unternehmen hofft, diese Kurse bald allen Beschäftigten anbieten zu können.

4.     Investitionen in Übersetzungstechnologie.Für diejenigen, die die Gebärdensprache nicht beherrschen – auch für die Arbeitskräfte, die andere Gebärdensprachen sprechen, wie die Beschäftigten aus der Ukraine – investiert Mikomax in Technologien, um die Kommunikation zu ermöglichen. Auch visuelle Kommunikationsmittel wie Plakate und Informationstafeln kommen häufig zum Einsatz.

5.     Engagement der Community. Mikomax-Beschäftigte arbeiten mit lokalen Berufsschulen für Gehörlose zusammen.

Inklusionsbemühungen haben Geschichten zur Folge

Unsere Welt ist voll von Geschichten. Es gibt so viele Geschichten, wie es Menschen auf dieser Erde gibt. Diese Geschichten werden in unzähligen Sprachen erzählt – manche mit gesprochenen Worten, die die Luft zum Vibrieren bringen, manche mit Zeichen, die mit den Händen gezeichnet werden, und manche auf ganz andere Weise.

Die Geschichte eines jeden ist wichtig, auch wenn manche seltener gehört werden als andere. Inklusionsbemühungen ändern das. Die Inklusion sorgt dafür, dass alle Geschichten gehört werden – unsere eigene Geschichte, die Geschichten unserer Angehörigen, die Geschichten unserer Freunde. Keine Inklusionsbemühung ist zu klein, um von Bedeutung zu sein; keine Inklusionsidee ist zu groß, um davon zu träumen. Wir hoffen, dass Geschichten wie diese Sie ermutigen und inspirieren, wenn Sie sich auf Ihre eigene Inklusionsreise begeben.

Bis zum nächsten Mal:

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